Rettet die Steiermark die Notstandshilfe?

2018_logo_ArbeitslosenlobbyDas Land Steiermark hat die von ihr deklarierte Selbstbestimmtheit von Menschen auszuweiten auf Arbeitslose.

Die von der türkisblauen Regierung geplante Abschaffung der Notstandshilfe würde zehntausende Menschen in der Steiermark in die Armut treiben. Im Vergleich dazu hat das Land Steiermark im Jahr 2017 im Sinne der Menschenrechtskonvention UN-BRK das Recht auf ein „selbstbestimmtes Leben“ abseits von „Almosen und Spendengeldern“ propagiert.

Demgegenüber soll laut Plan der Bundesregierung die Notstandshilfe als Versicherungsleistung ersetzt werden durch die Sozialhilfeleistung Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Dies käme genau jenen Almosen gleich, die von Menschen abgewendet werden sollen, indem sie sich „wie jeder andere auch auf dem ersten Arbeitsmarkt ihren Lebensunterhalt verdienen.“ Die Situation auf den Arbeitsmärkten ist allerdings weit von jener Vollbeschäftigung entfernt, die laut Arbeitsmarktservicegesetz § 29 anzustreben ist. Stattdessen sollen Erwerbslose weiter ausgegrenzt werden, indem sie mit der geplanten Abschaffung der Notstandshilfe in die mit Almosen vergleichbare Sozialhilfeleistung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung gedrängt werden. Ein solches Vorgehen würde zu einer massiven Verarmung bis in die Mitte der Gesellschaft führen. 2018-09-03_Niedriglohn-im-LaendervergleichBetroffen davon wären zuerst Arbeitslose, doch über die Jahre hinweg kommt es zu negativen Wirkungen auf die Einkommen von Erwerbstätigen ebenso, wie auf die Höhe der Pensionen. In Deutschland hat sich deshalb der Anteil jener, die einen Niedriglohn an der Armutsgrenze beziehen massiv erhöht. Mittlerweile beträgt ihr Verhältnis zu allen unselbständig Erwerbstätigen rund eine zu drei Personen.

Die Notstandshilfe wurde 1946 eingeführt, um im Fall einer wiederkehrenden Wirtschaftsflaute den Zulauf zu rechtsnationalistischen Parteien zu verhindern. Die

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Anne meint, die geplante „Abschaffung der Notstandshilfe ist eine Schande, weil bei den Ärmsten gekürzt werden soll“

Landesregierung(en) sollte(n) sich daher gezielt für die Beibehaltung der Notstandshilfe einsetzen*. Diese kann als Versicherungsleistung Armut und soziale Ausgrenzung vermeiden helfen, wohingegen die Sozialhilfeleistung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung wie in Deutschland durch die Einführung von Hartz IV die Armutsgefährdungsquote weiter steigen lässt (siehe Grafik).

 

Mitverantwortlich dafür sind die Bedarfsprüfungen, denn sie „können beschämen und neue Armutsfallen aufmachen“, so die Armutskonferenz. Darüber hinaus wurden Konzepte der Sozialhilfe wie etwa die bedarfsorientierte Mindestsicherung „eigentlich nur als Instrument zur Überbrückung außergewöhnlicher Notlagen konstruiert.“

Die Mittelschicht trifft es besonders hart

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Hartz IV: Aus armen Arbeitslosen wurden arme Erwerbstätige (awblog, 19. 6. 2017)

Das Armutsnetzwerk „Sozialplattform“ in Oberösterreich hat deshalb für den 3. Oktober dJ den Experten Dr. Wilhelm Adamy eingeladen, um die negativen Folgen von Hartz IV im Rahmen eines Vortrages mit anschließender Diskussion zu erläutern. Bisher haben namhafte Stimmen auch in Österreich auf die fatalen Auswirkungen dieser demokratiepolitisch unverantwortlichen Vorgehensweise hingewiesen. So haben Matthias Schnetzer und Miriam Rehm bereits im Jänner dJ die Streichung der Notstandshilfe mit einer „Vermögenssteuer für Menschen in schwierigen Lebensumständen“ verglichen. Der Grund dafür ist die erforderliche Verwendung des Ersparten in Form von Bankguthaben, Wohnung oder Auto, sobald deren Wert rund € 4.000,– übersteigt – noch bevor die Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung in Anspruch genommen werden dürfen. Gerade die Mittelschicht würde besonders hart darunter leiden.

Mit dem Niedriglohn im Fahrstuhl nach unten

Bisher kaum bekannt ist, dass mit einem Ersatz der Notstandshilfe durch Leistungen der Mindestsicherung auch die Pensionsbeiträge gestrichen werden. Ein Grund mehr, eine Abschaffung der Notstandshilfe mit der „Einführung von Hartz IV in Österreich“ zu vergleichen. Iris Woltron fügt hinzu, „dass die geplanten Kürzungen der Regierung auch die Mittelschicht treffen werden“.

An den Hartz IV-Maßnahmen in Deutschland ist deutlich erkennbar, wie sehr die verschärften Regelungen zu mehr Armut und sozialer Ausgrenzung führen. In „Warum Hartz IV alles andere als ein Erfolgsmodell ist“ stellen Judith Pühringer und Josef Pürmayr fest: „Das Prekariat ‚frisst sich mittlerweile vom Rand in die Mitte hinein‘“.


Anmerkungen

*) Sich als Landesregierung zu den bestehenden Regelungen zu bekennen ist grundsätzlich zu begrüßen. Gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass eine mögliche Abschaffung der Notstandshilfe als Versicherungsleistung zu höheren Kosten aus den Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung führen würde ist hingegen zu wenig. Denn eine Systemänderung, die strukturelle Armut fördert, ist grundsätzlich und vehement abzulehnen. Deshalb lautet der Betreff des Entschließungsantrags der Grünen: „Die Notstandshilfe ist ein wichtiger Baustein unseres Sozialsystems

PS: Kundgebung am 18.9. von 9:00 bis 9:45 h vor dem Landtag, Herrengasse 16, Graz

PPS: Der vorliegende Text ist der Inhalt einer gemeinsamen Presseaussendung dieser Organisationen als Teil der Arbeitslosen-Lobby:

2018-09-17_arbeitslosenlobby_teilnehmende-organisationen-PA

Die Basis der Zusammenarbeit der Arbeitslosen-Lobby ist der Kampf gegen die geplante Abschaffung der Notstandshilfe.

2018-08-09_Landesausschuß-der-Erwerbslosen-Schleswig-Holsteins_Plakat_Vermeidet-Ueberstunden_Kaempft-fuer-den-8-StundentagLink zum Beitragsbild „Vermeidet Überstunden, denkt an die Arbeitslosen!“ – das Lebendige Museum Online berichtet dazu: Das Arbeitszeitnotgesetz vom Mai 1927 schrieb dann zwar acht Stunden als „regelmäßige tägliche Arbeitszeit“ fest, erlaubte aber weiterhin längere Tätigkeit bei einem entsprechenden Lohnausgleich. Die Gewerkschaften dagegen forderten nun nachdrücklich die Wiedereinführung des Achtstundentages per Gesetz, „weil nur dadurch die Möglichkeit besteht, das Arbeitslosenproblem zu lösen. Der Stand der Technik und der Rationalisierung machen es zur gebieterischen Notwendigkeit, die Arbeitszeit zu verkürzen.“


 

Danke an alle Beteiligten,
die diese Kundgebung tatkräftig unterstützten!

Unbenannt

Besten Dank auch an den ORF Steiermark
für die Erwähnung in einem Beitrag in Steiermark Heute:

2018-09-18_ORF-Steiermark-Heute_Margit-und-wodt_Landtag-Steiermark_stoppt-Hartz-IV

 

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